Mit welchen Themen erreicht man eigentlich die Aufmerksamkeit von Redakteur*innen? Sind die Nachrichtenfaktoren auch in der Praxis entscheidend? Und wie sieht der Alltag in einer Redaktion aus? Madeleine Gromann, Redakteurin der ZIB, gibt spannende Einblicke in ihre Karriere und zum Verhältnis PR und Journalismus.
Im Vergleich zum Journalismus, der durch unabhängige Berichterstattung gekennzeichnet ist, gilt PR als klassische Auftragskommunikation. Trotz der klaren Unterschiede zwischen den beiden Berufsfeldern ist das Zusammenspiel von großer Bedeutung. Das gegenseitige Verständnis ist für einen effektiven Austausch ausschlaggebend, besonders für Berufseinsteiger*innen. Im Gespräch erzählt Gromann von ihrer Ausbildung sowie ihrem Beruf und hält hilfreiche Tipps für PR-Newcomer*innen bereit.
Vielfalt und Flexibilität – der facettenreiche Alltag in der Redaktion
Ihren Tagesablauf beschreibt Gromann als sehr abwechslungsreich und strukturiert. Auf dem Weg in die Arbeit informiert sie sich durch das Ö1-Morgenjournal über relevante Tagesthemen. Im Büro angekommen werden in diversen Meetings die Themen besprochen und auf die Sendungen verteilt. Danach geht es an die Umsetzung der Beiträge. Es werden Interviewpartner*innen kontaktiert und die Nachrichteninhalte produziert. Durch ihre schulischen Vorkenntnisse im Grafikdesign und das anschließende Bachelorstudium Journalismus und Medienmanagement erkannte die Redakteurin schnell die Überschneidungen beider Bereiche und kann in ihrem Beruf das Visuelle mit dem Redaktionellen verbinden. „Es ist durchaus auch ein kreativer Prozess dabei”, berichtet Gromann über ihre Tätigkeit.
Auch ihr Masterstudium Digitale Medien & Kommunikation an der FH Burgenland vermittelt wertvolle Fähigkeiten im Umgang mit Kameras und Schnittprogrammen, welche die Medienexpertin im Journalismus und der Öffentlichkeitsarbeit gezielt anwenden kann.
Trotz geregelten Sitzungen und Deadlines ist Flexibilität in ihrem Beruf von großer Bedeutung, erzählt die Redakteurin, da sie für Live-Einsätze manchmal auch spontan in ein anderes Bundesland reist, um vor Ort zu berichten. Insgesamt erfordert ihre Arbeit also die Beteiligung an verschiedenen Aufgaben der Nachrichtenproduktion sowie Anpassungsfähigkeit an bestimmte Situationen. Der Tagesablauf als Redakteur*in ist daher dynamisch und vielfältig.
Wie Nachrichtenbeiträge im ORF zustande kommen
Die Nachrichtenauswahl für Sendungen ist ein komplexer Prozess, der auf verschiedenen Faktoren basiert. Madeleine Gromann erklärt, dass oft nicht allein die Nachrichtenfaktoren, die man in der Theorie lernt, ausschlaggebend für die Nachrichtenauswahl sind. „Also wir haben da keine Check-Liste, aber mit der Zeit kriegt man ein Gefühl, was relevant ist“, so die Journalistin. Im Fernsehen, im Gegensatz zur Online-Berichterstattung, steht nur begrenzte Sendezeit zur Verfügung, daher müssen die wichtigsten Themen priorisiert werden. Ihren zweiten Master in Politikwissenschaften, den Gromann aktuell an der Uni Wien absolviert, beschreibt sie hierfür als sehr sinnvoll. Das Studium ist hilfreich, die Hintergründe von Konzepten, Theorien und aktuellen politischen Ereignissen besser zu verstehen und einzuordnen.
Pressemitteilungen gehen regelmäßig in der Redaktion ein und können als Inspiration und Ausgangspunkte für Beiträge dienen. Die Aussendungen können dann relevant sein, wenn sie über einen aktuellen Aufhänger hinausgehen und relevanten Mehrwert bieten. Die Redakteurin betont, dass sie in der Vergangenheit auch mit Agenturen zusammengearbeitet hat, um Expert*innen für bestimmte Themen zu finden. „In diesem Fall bin ich aber aktiv auf die Agenturen zugegangen“, erzählt sie. Die Beziehung zwischen PR und Journalismus kann also durchaus fruchtbar sein, wenn Presseaussendungen relevante Informationen bieten und über den reinen Werbecharakter hinausgehen.
Wenn die Welten von Journalist*innen und PR-Beauftragten zusammentreffen
„Pressesprecher*innen sind oftmals unsere ersten Ansprechpartner*innen und da sind sie sehr wichtig für uns, weil sie uns die erste Verbindung zu Expert*innen schaffen“, so fasst die Expertin den ihrer Meinung nach wichtigsten Kernpunkt der Beziehung zwischen PR und Journalismus zusammen. Die Kontaktaufnahme mit Pressesprecher*innen erfolgt in der Regel über die entsprechenden Presseabteilungen. Jede*r ORF-Journalist*in verfüge nach einigen Jahren der Berufsausübung über entsprechende Kontakte und Ansprechpartner*innen, die meisten Unternehmen hätten zudem auf ihren Webseiten einen Bereich für Presse, in dem die entsprechenden Ansprechpartner*innen aufgelistet sind. Die Journalistin hebt hervor, dass es hilfreich ist, wenn Pressesprecher*innen nicht nur eine E-Mail-Adresse, sondern auch eine Telefonnummer angeben, da im Journalismus oft wenig Zeit für langen E-Mail-Verkehr bleibt. „Man kann in einem Telefonat viel rascher und besser kommunizieren,“ erklärt Gromann. Daher empfiehlt sie Pressesprecher*innen, auch telefonisch erreichbar zu sein.
Was die Arbeit zwischen PR und Journalismus vereinfacht
Abschließend gibt die junge Redakteurin einige Tipps für PR-Profis. Sie sollten verstehen, wie Journalisten arbeiten und die knappen Deadlines berücksichtigen. Gromann berichtet: „Uns freut es, wenn Pressesprecher*innen verstehen, wie wir arbeiten.“ Es ist von Vorteil, wenn Pressesprecher*innen die Abläufe im Journalismus verstehen und beispielsweise wissen, wie man ein prägnantes und aussagekräftiges Statement formuliert. Ein Praktikum im Journalismus könne Pressesprecher*innen daher helfen, die Arbeitsweise und Bedürfnisse der Journalist*innen besser zu verstehen. Auch ihre Studienwahl mit einer guten Balance zwischen Theorie und Praxis empfiehlt Gromann als gute Vorbereitung für das Berufsfeld.
Effektive Kommunikation und gegenseitiges Verständnis zwischen PR und Journalismus sind entscheidend für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Indem beide Berufsfelder zusammenarbeiten, können PR und Journalismus voneinander profitieren und qualitativ hochwertige Berichterstattung gewährleisten.
Die Autorinnen
Daisy Kumar und Sophia Sperber sind Studentinnen des Bachelorstudiengangs Marketing und Kommunikation an der FH St. Pölten.