#Neuland

KI für den Menschen

Künstliche Intelligenz gilt als ein zentrales Thema in der Kommunikation – teilweise bereits heute, umso mehr aber in Zukunft. Welche Chancen und Herausforderungen kommen dabei auf uns zu? Welches sind relevante KI-Entwicklungen für die Kommunikationsbranche? Was müssen Kommunikationsprofis von morgen mitbringen? Diesen Fragen haben wir uns in der zweiten Episode unserer #Neuland-Reihe am 11. März gemeinsam mit der Gesellschaft Public Relations Agenturen (GPRA) aus Deutschland und den Young LSA (YLSA) aus der Schweiz gewidmet. Unsere Gäste Reinhard Karger vom Deutschen Forschungszentrum für KI (DFKI) und Rainer W. Maassen, Geschäftsführer der Convento GmbH, haben mit den Zuhörerinnen und Zuhörern die Potentiale der Technologie für die PR-Branche diskutiert.

Künstliche Intelligenz als Werkzeug verstehen und nutzen

Reinhard Karger hob in seinem Eröffnungsstatement den Faktor Mensch hervor und warb für einen selbstbewussten und offenen Umgang mit der Technologie. Im Vordergrund sollte das Verständnis von KI als Werkzeug für den Menschen stehen. „Künstliche Intelligenz ist die Digitalisierung menschlicher Wissensfähigkeiten“, hat er als Definition von KI mitgebracht. Dazu zählt im Grunde alles von Rechnen, Schreiben, Bewegen bis hin zum Binden eines Schnürsenkels. Wird KI den Menschen überflüssig machen? Wohl kaum, denn auch wenn KI in der Verarbeitung von Wissen in Form von Daten überlegen ist (kognitiv), liegt der Mensch sensomotorisch, sozial und emotional um Längen vorne. Ob Roboter etwa jemals in der Lage sein werden, gleichzeitig Fahrrad zu fahren und einen Hemdknopf zu schließen, steht in den Sternen.

Übersetzungs-KI kann nur nutzen, wer die Sprache beherrscht

Dass KI eine Ergänzung ist, menschliche Kompetenz jedoch nicht ersetzt, zeigt sich am Beispiel von Übersetzungsdiensten. Der Anwender muss die Kompetenz haben, das Ergebnis beurteilen zu können. Hat er sie nicht, läuft er Gefahr, sich mit Übersetzungsfehlern aufgrund grammatikalischer Mehrdeutigkeiten oder Redewendungen der Lächerlichkeit preiszugeben. Die KI entbindet den Menschen somit nicht davon Sprachen zu lernen, ermöglicht es ihm aber, viel größere Textmengen in kürzerer Zeit zu verarbeiten.

Big Data und KI in der Kommunikation

Rainer W. Maassen, Geschäftsführer der Convento GmbH, zeigt, wie KI dabei unterstützen kann, Journalist:innen und Influencer zielgenau anzusprechen. Mittels Auswertung aller veröffentlichten Artikel entsteht eine Datenbank, in der Medienkontakte mittels Machine Learning nach Interessen und Themengebieten geclustert werden. So können Journalist:innen Inhalte zu den Themen erhalten, an denen sie tatsächlich interessiert sind. Das „Bauchgefühl“ von PR-Professionals wird dadurch nicht ersetzt – Stichwort soziale und emotionale Komponente – aber sie erhalten ein technologisches Hilfsmittel, mit dem sie ihre Arbeit auf datengestützte Fakten stützen können.

Für die PR-Branche geben die Experten klare Empfehlungen:

  1. Verabschiedet euch von der Konsumentensicht – Denkt über Ziele nach. Es gibt noch keine Karte wie im Restaurant, anhand der ausgewählt wird. Entwickelt konkrete Probleme und leitet daraus klare Anforderungen an KI-Lösungen ab.
  2. Deep Learning ist datenhungrig! Deshalb ist Daten-Anamnese der nächste unverzichtbare Schritt. Welche Daten fallen an? Welche werden gehortet, aber nicht geteilt?
  3. Bleibt interessiert und probiert jedes kostenfreie KI-Angebot aus. Denn Neugier ist die kleine Schwester der guten Idee.

Kann KI eigenständige Entscheidung treffen?

Auf diese Frage einer Zuhörerin hat Karger eine klare Antwort: „Bei KI sprechen wir nicht von Entscheidungen, sondern von Entscheidungsunterstützung.“ Die Technologie kann schon lange triviale Entscheidungen treffen. Navigationssysteme umfahren beispielsweise Sperrungen auf Basis von Verkehrsdaten. Bei komplexen Entscheidungen – etwa in der Medizin – können KI-Werkzeuge unterstützend eingesetzt werden. Auswertungen von CT- und Röntgenbildern und Patientendaten sind eine Unterstützung bei der Therapieplanung und helfen dabei menschliche Fehler zu vermeiden. Auch das Beispiel der Medizin zeigt sehr deutlich, dass der Entscheider jederzeit nachvollziehen können muss, aus welchen Gründen die Entscheidungsunterstützung angeboten wird.

Dass Roboter uns beherrschen, passiert allenfalls in der Phantasie von Hollywood. Am Ende kommt es eben doch auf den Menschen an!